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09/04: blind ist

wer erinnert sich noch an die 'ausstellung', bei der sehende menschen in total dunklen raeumen herumwandern und von blinden gefuehrt werden?

mir ist das ganze ziemlich in erinnerung geblieben, weil ich damals zum ersten mal realisiert habe, wie verdammt kompliziert es sein kann, ueber eine strasse zu gehen. die akustischen eindruecke potenzieren sich zu einer unwirklichen klangwolke, die selbst in kombination mit einem blindenstock jegliches navigieren fast unmoeglich macht.

gestern stehe ich also am guertel in richtung westbahnhof und beobachte (gemeinsam mit ca. 20) anderen menschen einen blinden, wie er sich langsam an der guertel herantastet. aufgrund seiner reisetasche ist anzunehmen, dass er zum bahnhof respektive seinem zug will. (ich war uebrigens dort, um meine vorteilscard zu verlaengern - weil ich zu dumm war, vor meinem geburtstag hinzugehen, kostet mich der spass jetzt 99 euronen, statt 20etwas... aber da bin ich selber schuld). wie auch immer, irgendwann erwache ich aus meinem voyeuristischen schlaf und spreche den menschen forsch an: "zum bahnhof?" ein glueckliches laecheln war die antwort. ich fuehre in also ueber die strasse und ueber die rolltreppe hinauf. der zug faehrt von einem anderen bahnsteig als erwartet - aber das haette er auf der neuen anzeigetafel nicht gesehen. und auch, dass die waggons schon sehr ueberfuellt sind, ware ihm wohl erst aufgefallen, wenn er den laerm im inneren gehoert haette. im gegensatz zu mir hatte er fuer dieses problem dann eine praktische loesung - einfach in die 1. klasse einsteigen. "das mit dem schaffner regle ich schon." blindheit hat also auch seine vorteile :) beschwingt bin ich hernach von dannen gezogen, ein laecheln auf den lippen und in der gewissheit, ihm und mir einen gefallen getan zu haben :)

K

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